Leben und Lehren des Meister Nocquet

Er lehrte in der ganzen Welt, sogar in Japan. Dieser Pionier des Judo-Sports (sein schwarzer Gürtel trägt in Frankreich die Nummer 27) seinen 6. Dan im Aikido erworben hat.

Gleichgültig aus welcher Richtung der Angriff kommt, er wird abgefangen und zu einem Gegenangriff in die andere Richtung genutzt. Meister Ueshiba pflegte zu sagen: „Wenn Sie den Ikkyo (Kontrolle der Ellbogenbewegung) sofort beherrschen, dann haben Sie auf der Stelle den 8. Dan erworben”. Aber er fügte lächelnd hinzu: „Nun ist es aber so dass niemand den Ikkyo gut beherrscht”. Diese Anekdote über den Vater der Kampfkunst Aikido wird von dem Mann erzählt, der zu sein engsten Schülern zählte und vielleicht der einzige Europäer war, der ihm besonders nahestand. Dies Mann ist Andre Nocquet.

Alle Aikido-Anhänger in Europa kannten diesen ruhigen und kräftig Mann, dessen Bewegungen Kampf von einer ungemein groß Effizienz geprägt sind und der sich zum Ziel gesetzt hatte, die Lehre seines Meisters in den Lehrgängen zu vermitteln, die ihn durch Europa und die ganze Welt führten. Andre Nocquet erzählte, dass für Meister Ueshiba die Technik immer sekundär war. Die mit Aikido verbundene geistige Einstellung war für ihn von ausschlaggebender Bedeutung. Für ihn sollte Aikido in erster Linie die internationale Freundschaft und den sportlichen Kampfgeist fördern. Es sollte ein Mittel der Annäherung unter den Menschen sein, und die Botschaft eines Univgrsalfriedens, eines Verzichts auf Gewalt, vermitteln. So sagte Meister Ueshiba auch: „Es gibt Männer, die alle Techniken sehr gut beherrschen, die geistige Botschaft des Aikido aber überhaupt nicht verstanden haben.” Das geistige Abenteuer, das Andre Nocquet bei vielen Varianten der Kampfkünste erlebte, begann 1938, als er mit der Ausübung des Judo-Sports begann.

Andre Nocquet Aikido

Im französischen Jiu-Jitsu-Klub in Paris, in der rue Thenard Nr. 1, macht Andre Nocquet Bekanntschaft mit einem Kimono. Sein Lehrer war Feldenkrais. Wie bei allen Pionieren dieser Epoche, so unterbrach auch bei Andre Nocquet der Krieg seine Judo-Ausbildung, und er erwarb erst nach Kriegsende seinen schwarzen Gürtel. Er ist zu diesem Zeitpunkt Schüler des französischen Jiu-Jitsu-Klubs in Paris, in der „rue du Sommerard”, der von Meister Kawaishi geleitet wurde. Die Lehrer waren dort Beaujean und Jean de Herdt, der gleichzeitig als technischer Direktor fungierte. Wir befinden uns im Jahr 1946 und der Ausweis, auf dem Andre Nocquet der schwarze Gürtel bestätigt wird, trägt die Nummer27.

Er verließ Paris, um sich in Angouleme niederzulassen, wo er mit dem Judo-Klub Angouleme den ersten Judo-Sportverein im Südwesten Frankreichs gründet. Einer seiner ersten Schüler ist Menessier, der seinerseits für die Verbreitung dieser Kampfkunst im Osten Frankreichs sorgt und zu einer der Säulen des Judo-Sports in Nancy wurde. Dann gründete Andre Nocquet den ersten Judo-Sportverein in Bordeaux. Gleichzeitig übt er die Tätigkeit eines Gymnastiklehrers aus.

Judo in Frankreich

Judo in Frankreich

Zu dieser Zeit weilt Meister Kurihara, einer der angesehensten Judo-Lehrer in Japan, in Frankreich zu Besuch. Andre Nocquet bittet ihn, einen Fachmann zu entsenden, der sich auf Dauer in Frankreich niederlässt. Es kommt Meister Nichigami, der sich endgültig in Bordeaux niederlässt und dort Judo in einer zuvor nie gekannten meisterlichen Weise lehrt.

Judo ist aber nicht das einzige Fachgebiet von Andre Nocquet. Er hat sich ebenfalls dem Aikido gewidmet und zwar zusammen mit Minoru Mochizuki, als dieser zusammen mit Meister Kawaishi im französischen Jiu-Jitsu-Klub arbeitete.

Wir zählen das Jahr 1949 und zu diesem Zeitpunkt ist Aikido, noch eine ganz neue Sache. Die praktische Arbeit beim Jiu-Jitsu macht Andre Nocquet großen Spaß, und er übt fleißig die Kunst der Selbstverteidigung, wie sie von Meister Kawaishi gelehrt wird. Er arbeitet beharrlich auf dem eingeschlagenen Weg weiter, und als Tadashi Abe nach Frankreich kommt, faßt Nocquet seinerseits im Jahr 1950 den Entschluß, nach Japan zu gehen und dort seine Kenntnisse zu vertiefen. Er muss jedoch bis zum Jahr 1955 warten, bevor er diesen Traum realisieren kann.

AikiKai in Japan

Die Situation in Japan entspricht nicht den gängigen Vorstellungen. Diese Kampfkunst ist verhältnismäßig wenig bekannt, obwohl man sich im Land der Kampfkünste befindet. Die Zeitungen berichten wenig darüber, und das AikiKai des Meisters Ueshiba hat nur 80 Anhänger. Andre Nocquet, der zum persönlichen Schüler des Meisters wird, muss deshalb quer durch Japan reisen und unzählige Vorführungen seiner Kunst geben, um den Aikido-Kampfsport zu fördern. Alle nehmen mit Erstaunen zur Kenntnis, dass ein Judoka diese Disziplin ausübt, obwohl Meister Jigoro Kano ein enger Freund von Morihei Ueshiba war und berühmte Judokas wie Tomiki und die des Kodokan diese Kampfkunst parallel ausübten.

Andre Nocquet, der seine Zelte in dem Aiki-Kai-Dojo aufgeschlagen hat, macht sich daran, seinen Lebensunterhalt nach japanischer Lebensweise zu verdienen. Er schläft auf den Matten und nimmt seine Mahlzeiten zusammen mit dem Meister ein. „Der Meister hat mich drei Jahre lang mit einer großen Liebenswürdigkeit unterstützt, erzählt Andre Nocquet, auch wenn ich manchmal lästig war.”

Meister Nocquet Kampfkunst

Als Andre Nocquet nach Japan kommt, besitzt er den 1. Dan. Er trainiert mit zwei jungen Leuten und zwar mit Tamura, der wie er über den 1. Dan verfügt und mit Noro, der damals den braunen Gürtel besitzt. Er gibt Judo aber nicht auf und trainiert zweimal in der Woche in der Schule von Ushijima, dem Lehrer der berühmten Tokioer Kämpfer Kirano und Kimura, der 15mal in ununterbrochener Reihenfolge japanischer Meister war.

Im Verlauf von drei Jahren arbeitet Andre Nocquet an der Entwicklung der Kampfkunst Aikido mit. Er hält auch Vorträge in den Botschaften vieler Länder, damit diese Kampfkunst besser bekannt wird. Während seines Aufenthaltes sammelt er eine beeindruckende Zahl von Dokumenten und Photos über Meister Ueshiba. Es sind wertvolle Reliquien, die an seine Zeit mit dem Vater des Aikido erinnern.

Zurück nach Frankreich

Andre Nocquet kehrt über die Vereinigten Staaten nach Frankreich zurück. In den Vereinigten Staaten gibt er noch Vorführungen, in Honolulu auf Hawaii und in San Francisco. Die Polizeischule von Fresno in Kalifornien scheint sich sehr für Aikido zu interessieren und zahlreiche Angebote erreichen Nocquet, in den Vereinigten Staaten zu bleiben. Zu dieser Zeit ist Aikido in den USA wenig bekannt, und Fachleute sind sehr gesucht.

Nach seiner Rückkehr nach Europa gibt Nocquet aber seine Lehrtätigkeit nicht auf, und im Jahr 1962 erhält er aus der Hand des Meisters Ueshiba den 5. Dan. Im allgemeinen ist es Kisshomaru Ueshiba, der Sohn des Meisters, der die kalligraphische Bearbeitung der Diplome übernimmt. Bei Andre Nocquet greift der Meister jedoch selbst zur Feder. Sieben Jahre später stirbt Morihei Ueshiba im Alter von 88 Jahren an einem Krebs der Bauchspeicheldrüse.

Tadashi Abe, 6. Dan, der Vertreter des Aiki-Kai in Europa, gründet den französischen Aikido-Verband. Der Verband hat seinen Sitz im Dojo Belle-Jardiniere. Erster Präsident des Verbandes ist M. Rigaux-Brix,auf den M. Clement folgt. Clement ist der Vater von Patrick Clement, dem bekannten französischen Judo-Champion. Als Tadashi Abe 1960 nach Japan zurückkehrt, ernennt er Andre Nocquet zu seinem Nachfolger und beauftragt ihn, weiter für die Verbreitung der Kampfkunst Aikido durch Unterricht in den Vereinen und im Rahmen von internationalen Lehrgängen zu sorgen.

1961 kommt Meister Noro nach Frankreich, und im Jahr 1965 lässt sich Meister Tamura in Marseille nieder. Zusammen mit Hiroo Mochizuki, dem ersten Vertreter des Yoseikan in Europa und dem Aikido-Pionier, bilden diese japanischen Lehrer die Grundpfeiler der Kampfkunst Aikido in Frankreich.

Europäische Aikido-Verband

Andre Nocquet wird zum technischen Berater ernannt und rangiert gleichrangig mit Tamura und Hiroo Mochizuki. 1969 wird der Europäische Aikido-Verband mit Sitz in Bad Bramstedt gegründet, zu dessen technischen Direktor Andre Nocquet bestellt wird. Dieser Verband auf europäischer Ebene hat sich zum Ziel gesetzt, für die Aufrechterhaltung der klaren Linie bei den von dem Begründer festgelegten Techniken zu sorgen und die internationale Freundschaft zu fördern. Deutschland, Italien, die Schweiz, Belgien, England, Österreich und natürlich auch Frankreich treten diesem Verband bei, der 22.000 Aktive betreut. Allein in Frankreich gibt es gegenwärtig 12.000 Aktive. Bedingt durch die Förderung von Andre Nocquet, fasst Aikido auch im Kongo und in Marokko Fuß. 1974 erhält Andre Nocquet den 6. Dan. Der Gymnastiklehrer Nocquet ist weiterhin Absolvent verschiedener japanischer Institute für Massage und Heilgymnastik.

1975 wird eine große Veranstaltung zu Ehren des Meisters Ueshiba organisiert, bei der die größten Könner auftreten. Die Botschaft des Meisters wurde auf diese Weise dem breiten Publikum vermittelt.

Als ein enger Freund von Meister Ueshiba, dem Begründer des Aikido, hat Andre Nocquet 25 Jahre seines Lebens der Lehre und Verbreitung dieser Kampfkunst gewidmet.. André Nocquet starb im 12. März 1999 und wurde auf dem Friedhof Prahecq beerdigt.

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