Taktik, Technik und Kraft sind im Boxkampf bei weitem nicht alleinentscheidend. Neben all diesen Fähigkeiten bedarf es der inneren Stabilität, die potentielle Kampfkraft auch umzusetzen. Nur seelisches Gleichgewicht sorgt für die so notwendige innere Stabilität im Kampf.
Angst, Nervosität, Beklemmungen, flauer Magen, Unkonzentriertheit, wackelige Beine und feuchte Hände. Welcher Kämpfer hat nicht schon einmal mit diesen oder ähnlichen Symptomen zu kämpfen gehabt? Bevor man den Gegner besiegen kann, muss man also erst einmal seine innerlichen Widersacher bezwungen haben. Dies ist jedoch leichter gesagt, als getan. Wie geht man vor? Was ist im Vorfeld zu beachten? Was gibt es für technische Hilfestellungen? Welche Entspannungsübungen bieten sich an? Welche Meditations und Atemübungen sind geeignet? Kurzum, was ist zu tun, damit der Angstgegner kein Angstgegner bleibt, die Nervosität einer inneren Ruhe weicht, die Beklemmung einem freien Agieren Platz macht und dass wackelige Beine fest und feuchte Hände trocken bleiben.
Technische Hilfestellungen vor dem Boxkampf
Bei den Hilfestellungen, in der Stressbewältigung kann uns das Handy mit seiner Musik tatkräftig unterstützen. Der Boxer muss hier bei der Musikauswahl experimentieren, welche Musik ihn am meisten beruhigt. Der richtige Einsatz des Handys ist jedoch weitaus schwieriger, als der Laie annimmt. Hierbei ist auch das „Timing“ ein entscheidender Faktor. Es hat z. B. wenig Sinn, wenn sich ein Kämpfer noch bis kurz vor seinem Einsatz innerhalb eines Beruhigungsfeldes total abschottet und dann nahezu lethargisch den Boxring betritt. Jeder Boxer muss an sich selbst herausfinden, welchen Zeitraum vor seinem Einsatz er die Beruhigungsphase absetzt, um andererseits bis zu seinem Kampfeinsatz noch den nötigen „Biss“ aufzubauen. Die moderne Sportpsychologie arbeitet hier auch mit dem Einsatz unterschiedlicher Musikeinspielungen. Hierbei wird der Athlet nach der Stressbewältigung und Entspannungsphase im weiteren mit entsprechend aggressiv abgestimmter Musik behutsam für seinen Einsatz vorbereitet und letztlich „heiß“ gemacht.

Eine andere technische Hilfestellung zur Stressbewältigung bildet z. B. das Video. Viele Kämpfer gehen schon ganz anders in den Kampf, wenn sie zuvor ihren Gegner auf Band studieren konnten. Diese Form der vorweggenommenen Auseinandersetzung kann ggf. einen gewissen Grad der Vertrautheit schaffen, welcher wiederum beruhigend wirkt. Vielerorts werden moderne Technische Hilfsmittel, wie z. B. Biofeedback ( Dabei werden körpereigene, biologische Vorgänge mit technischen, oft elektronischen Hilfsmitteln beobachtbar gemacht.) etc. als das Non plus Ultra gepriesen. Dies ist jedoch nicht immer so. Zum einen kann mit technischen Hilfestellungen auch viel falsch gemacht werden (z. B. Timing, Einsatzdauer etc.), zum anderen wirken diese auf jeden Athleten anders. Maßnahmen dieser Art sind, wollen sie von Erfolg gekrönt sein, nur im Zusammenhang mit einer entsprechenden Betreuungsarbeit zu empfehlen. Daher geht im modernen Boxen die Stressbewältigung innerhalb der Sportpsychologie z. T. mit einer langfristiger/ psychologischen Betreuungsarbeit einher. Auch im Kampfsport wie Kickboxen, Karate oder Thaiboxen sind von dieser Seite erste Ansätze in Sicht.
Wichtig: Die Regelmäßigkeit
Neben der Anspannung, die sich im Trainings- und Wettkampfbereich automatisch ergibt, sollte auch immer für regelmäßige Entspannung gesorgt werden. Diese muss nicht immer passiver Art sein. Hier empfiehlt es sich im Boxen z. B. regelmäßig Waldläufe durchzufuhren. Heiße Bäder, regelmäßiges Saunieren etc. schafft nicht nur physische, sondern auch psychische Entspannung. Diese so wichtige Entspannung, dieses so wichtige Abschalten wiederum setzt neue Kräfte für das Spannungsfeld frei und bewahrt vor psychischer Verkrampfung. Bei all dem kommt es jedoch darauf an, dass diese Entspannungsmaßnahmen regelmäßig durchgeführt werden. Regelmäßiges Saunieren z. B. soll sich nachweislich positiv auf das vegetative Nervensystem auswirken.

Wichtig: Langfristige Planung
Damit der Kämpfer sich nicht selbst in Stress und Bewältigungsängste bringt, ist es unbedingt nötig, dass er sich in jeder Hinsicht einer langfristigen und realistischen Planung unterwirft. Wer seine Ziele zu hoch ansetzt oder wer nur das Endziel sieht, steht oftmals im Nachhinein vor einer vermeintlich nicht zu bewältigenden Aufgabe. Nervosität, Angst und Versagen stellen sich dann anstatt des Erfolges ein. Viele kleine, erreichbare Ziele im Boxen lassen die Aufgaben bezwingbarer erscheinen. Schritt für Schritt kann man so vorgehen, ohne sich selbst zu überfordern. Nichterfolge werfen einen nicht so weit zurück und Erfolge stärken das Selbstbewusstsein von Etappenziel zu Etappenziel auf dem Weg zum Hauptziel.
Selbstbewusstsein und Pokerface im Boxen
Das Selbstbewusstsein spielt im Boxen eine überaus große und kampfentscheidende Rolle. Der Kampf ist vor allem auch eine mentale Auseinandersetzung. Die Anspannung im Boxen ist u. a. auch deshalb so groß, weil man dem Gegner niemals eine Schwäche zeigen darf. Man ist im Boxen – anders als bei Mannschaftssportarten, wie z. B. Fußball etc. -ständig Aug in Aug gefordert. Pokerface also! Gerade im Boxen ist es überaus wichtig, cool zu bleiben, denn der Kampf ist eine Disziplin, deren Erfolg wesentlich von der Psyche abhängt. Negatives Gefühle oder gar Ängste dürfen dem Gegner nicht sichtbar gemacht werden. Sie müssen es sein, der dem Gegner unausweichlich in die Augen schaut. Bei starken Gegnern ist man all zu oft nervös. Polen Sie hier Ihre Nervosität in ein positives Denken um. Beruhigen Sie sich selbst, indem sie denken, dass es eine konstruktive Herausforderung ist, gegen jemanden zu kämpfen, der vermeintlich stärker ist als Sie. Machen Sie sich innerlich unabhängig von Sieg oder Niederlage. Machen Sie sich vielmehr klar, dass Sie nur gewinnen können – und sei es „nur“ an Erfahrung.

Die mentale Vorbereitung auf einen wichtigen Kampf ist ebenso wichtig wie das körperliche Training. Das eine ist vom anderen nicht zu trennen. Unser Organismus funktioniert ja ebenfalls in einer physisch- psychischen Einheit. Bereits von daher muss körperliches Boxtraining immer auch parallel zum psychischen Training laufen. Aber auch der Geist schöpft aus dem körperlichen Training eine unglaubliche Kraft, denn Geist und Körper sind eine Einheit. Wenn Sie sich optimal vorbereitet haben und wenn Sie voll austrainiert sind, gehen Sie mit einer ganz anderen Überzeugung in den Kampf, als wenn Sie sich innerlich vorwerfen müssen, geschlampt zu haben. Wenn Sie im Trainingsbereich alles getan haben, haben Sie sich selbst gegenüber auch ein reines Gewissen. Dieser Zustand verleiht Ihnen die so nötige innere Stärke, welche zu der inneren Überzeugung führt: „Ich bin der Sache gewachsen“.
Wenn Sie so in einen Kampf gehen, haben Sie die besten Voraussetzungen dafür, die Kampffläche auch als Sieger zu verlassen.
Spitzenathleten wissen das. Spitzenathleten wissen aber auch, dass man oftmals trotz bester Trainingsvoraussetzungen nicht zu dieser so nötigen Einstellung gelangt. Was immer man auch macht, die Anspannung, Nervosität und Angst will einfach nicht weichen. Dies ist so, weil Hilfen halt nur Hilfen sind. Das Kernproblem liegt jedoch oftmals weitaus tiefer. Die moderne Sportpsychologie weiß dies natürlich und unterstützt die Spitzenathleten neben einer richtigen Ernährung, neben begleitenden Maßnahmen auch mit Meditations- und Atemübungen, z. T. Techniken also, welche die alten Kampfkunstmeister bereits vor Jahrhunderten praktizierten. Kampfkunstweisheiten im wissenschaftlichen Kleid also.
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