Ofussa Gyo ein Leben für Budo

Als ein Meister der „Alten Schule“ war Ofussa Gyo, 8. Dan Hanshi, zugleich ein Philosoph und ein Experte der Kampfkünste.

Nach Ende des Krieges traten in Japan nach und nach die letzten Meister des Budo ab, ohne dass sich eine Schließung dieser Lücke durch die Jugend abzeichnet. Die moderne Zivilisation mit ihrer Wegwerf-Philosophie zerstört allmählich, aber sicher die schönsten Traditionen des Landes.

Ofussa Gyo Budo
Ofussa Gyo 8. Dan Hanshi

Und dennoch, in diesem Land mit seinen mehr als 110 Millionen Einwohnern waren Sport und Budo Pflichtfächer an den Schulen und Universitäten. Man fand — angeführt in der Reihenfolge ihrer Popularität – Judo, Kendo, Naginata, Kyudo, Karate, Aikido, Lai und einige sekundäre Disziplinen, wie Kenpo, das gegenwärtig sehr in Mode ist, aber letztlich wieder verschwinden wird. Insgesamt gibt es ungefähr 15 Millionen mehr oder weniger aktive Sportler, wobei Judo, Kendo und Naginata die Hauptdisziplinen sind. Im Gegensatz zu der allgemeinen Annahme ist Karate trotz seiner Millionen Anhänger, speziell auf Okinawa, nicht die am häufigsten ausgeübte Disziplin.

Meister Offusa Gyo war in jeder Beziehung eine außergewöhnliche Persönlichkeit. Als leidenschaftlicher Anhänger des Meisters Sonobe Shigehaci verfügte er neben der vollkommenen Beherrschung des Naginata über profunde Kenntnisse im Kobudo. Er war weiterhin ein absoluter Meister in der Handhabung verschiedener Waffen, wie des Tanto (Dolch), des Kusarigama (Stilett), des Yari (Lanze) und des Naginata. Er widmete sich weiterhin dem Studium des Lai und zwar nach der alten Yagyu-Methode. Schließlich übte er noch Kendo und Kyudo aus.

Ju Jitsu und Ken Jitsu

Vor seinem Tod fand er noch Zeit, mehrere Bücher über diese Disziplinen zu schreiben und ein Werk über Ju Jitsu und Ken Jitsu zu verfassen. Diese Bücher bestehen aber derzeit noch aus einzelnen Blättern. Meister Ofussa hatte die Arbeit am Manuskript im Dezember 1973 beendet. In dem Werk vermittelt er seine Ansichten über den Geist und die Ausbildung in der alten Kunst des Budo. Meister Ofussa wurde am 16. September 1905 (Meji-Periode, Epoche des Lichtes) geboren und absolvierte wie die meisten Japaner ein Universitätsstudium. Er entschied sich für den Lehrerberuf aufgrund seiner besonderen Neigungen für eine solche Tätigkeit. Mit 21 Jahren erhielt er eine Anstellung als Lehrer und mit 43 Jahren war er zum Schulrektor avanciert. Neben seiner Lehrtätigkeit befasste er sich mit allem, was mit der Philosophie und den Kampfkünsten zusammenhing. Er war ein glühender Zen-Anhänger und blieb dieser Philosophie bis zu seinem Tode treu.

Wie viele große Meister, so begann auch Ofusa Gyo relativ spät mit der eigentlichen Ausübung der Kampfkünste. Er begann mit praktischen Übungen erst im Alter von 28 Jahren. Der wahre Anhänger einer Kunst in Japan stärkt zunächst seinen Geist und reinigt sein Herz, um sein Metier zu beherrschen und besser zu verstehen.

Mit 31 Jahren erhielt Ofussa Sensei die erste Budo-Auszeichnung : „Kirigami“, wenig später, als er ungefähr 35 Jahre alt war, folgte die zweite : „Reiken“. Drei Jahre danach folgte „Ryo No Maki“ und so ging es weiter bis zu seinem Tod. Auch der Ruhestand hielt ihn nicht davon ab, sich in seinen Künsten zu üben und im Alter von 69 Jahren wurden ihm die einmaligen und sehr seltenen Titel « 8. Dan Hanshi » und der Makimono « Kokoro no Maki » zuerkannt. Diese Budo-Bezeichnungen wurden in einer Zeit geprägt, in der die Geduld zu den hervorstechendsten Tugenden in Japan zählte.

Ofussa Gyo Kampfsport

Meister Ofussa Gyo hat nie aufgehört, die Beweggründe des Kobudo und der Zen-Philosophie zu erforschen. Sein Ziel war es, die Ursprünge dieser Schulen genau zu lokalisieren, und so unternahm er zahlreiche Reisen durch Japan, wobei er methodisch und klug vorging. So wurde ihm zum Beispiel vor Jahren für seine Zen-Forschungsarbeit die Anerkennung und der Dank des Buddhisten-Führers der Soto Shiu-Gruppe ausgesprochen.

Im Verlauf seiner Reise entdeckte er alte Werke, die sich mit Budo und den ihm zu Grunde liegenden Gedanken beschäftigen. Auf diese Weise baute er sich nach und nach eine Bibliotek auf, von der ein echter Budoka träumt. Es ist wohl die seltenste Sammlung von Werken über Budo, die Religionen und die Kunst, die man kennt. Es versteht sich von selbst, dass Meister Ofussa kein bloser Geisteswissenschaftler war. Alles was er lernte, setzte er auch in die Tat um. Beim Studium und bei der Ausübung des Budo war Kikentai für ihn von allergrößter Bedeutung. Unter Kikentai versteht man die Kunst, bei der Ausübung einer Disziplin die Energien auf den Körper abzustimmen.

Shin Ki Rioku

Besondere Bedeutung maß er auch Shin Ki Rioku bei, der Kunst, eine maximale Energie aufzubringen, sein innerstes Wesen damit zu verbinden und somit zu einem wahren Verständnis einer Disziplin zu finden. Er war trotz seines Alters außergewöhnlich lebhaft und wendig, so daß man manchmal Mühe hatte, ihm zu folgen. Er war entscheidungsfreudig und immer bereit, die führende Rolle zu übernehmen. Er wartete immer ruhig, mit einem Lächeln auf den Lippen. Nichts was er machte, war überflüssig. Er tat immer, was er tun musste, auf eine einfache und natürliche Weise und ohne jemals etwas zu verlangen, das nicht seinen Überzeugungen bzw. Lehren dienen würde.

Worte, die er stets sagte, waren: Jemand, der Budo kennt und es vollkommen durchdacht hät, soll sich dessen nicht rühmen und es auch nicht weitergeben, indem er sich selbst als Beispiel anführt. Die erste der ausgeübten Disziplinen soll nicht die am meisten geliebte sein, sie soll die anderen Disziplinen ergänzen und zu einem Gleichgewicht führen. Ein Meister sagt niemals, dass er Budo oder seine Kunst ausreichend oder zu weitgehend studiert hätte. Um den wahren Kern des Budo zu verstehen, studierte er die Zen-Philosophie, indem er Zazen ausübte. Zen ist kein Hirngespinst, das zu etwas führt das man später bedauert, sagte er oft und setzte fort: Zen ist in der Tat eine Ergänzung des Budo. Budo kann man in keiner Weise mit einem Sport vergleichen, Budo führt immer zu Budo zurück, wobei sich bei einem wahren und ernsthaften Studium des Budo Geist und Herz festigen. Der wahre Geist wird erkannt werden und durch die Geduld wird man den wahren Sinn des Lebens erkennen. Ein Leben, das nicht auf das eigene Ich bezogen ist, wird die wahre Erfahrung sein, die man machen wird.

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