Geschichte des Ju-Jutsu SV-Systems

Kein Historiker kann das Aufkommen der unbewaffneten Selbstverteidigung Ju-Jutsu datieren oder ihre Entwicklung chronologisch darstellen. Jede Kultur hat ihre eigenen Kampfkünste hervorgebracht, die sich auf die unterschiedlichsten Wurzeln zurückführen lassen und um die sich viele Legenden ranken. So zeigen beispielsweise alte Malereien auf griechischen und römischen Schiffen, dass die Völker des Mittelmeerraums in der Antike Faustkampf und Ringkampf praktizierten, die heute ähnlich praktiziert werden. Auch mittelalterliche Holz- und Kupferstiche zur Abwehr unbewaffneter Angreifer sind in Mitteleuropa zu finden. Die Verteidigungsmethoden sind den modernen Ju-Jutsu-Techniken ziemlich ähnlich. Es wäre also völlig falsch zu glauben, dass alle heute bekannten Formen der waffenlosen Selbstverteidigung aus Asien stammen. Die Wurzeln des heutigen Ju-Jutsu lassen sich jedoch eindeutig dort nachvollziehen. So verteidigten sich Mitglieder des japanischen Militärs und des Samurai-Adels mit bloßen Händen, als ihre Gegner sie entwaffneten. Als Meister des Schwertkampfes imitierten sie ursprünglich die offensiven und defensiven Formen dieser Kampfart in der waffenlosen Selbstverteidigung.

Weiter Entwicklung der Ju-Jutsu Technik

Später verbesserten sie ihre Ju-Jutsu Technik, indem sie andere Bewegungsformen von buddhistischen Mönchen übernahmen, die von Indien nach China und Japan einwanderten. Übungen wurden praktiziert, Meditation und Körpertraining, die auch der Selbstverteidigung dienten und den Kampfbewegungen von Tieren nachempfunden waren. Sie entwickelten Tierstile des Kung Fu, zum Beispiel: Tiger, Leopard, Schlange, Adler, Affe, Gottesanbeterin (ein Heuschrecken ähnliches Insekt) oder sogar das mythische Kulttier Drache.

Ju-Jutsu Technik

Diese sogenannten „harten“ oder „äußeren“ Shaolin-Stile erfordern normalerweise große Kraft und Geschicklichkeit vom Darsteller. Aus diesen wurden „weiche“ oder „interne Kung Fu Systeme“ entwickelt, bei denen der Widerstand reduziert wurde. durch geschicktes Ausweichen und Unterwerfen wurde der Angreifer neutralisiert und wieder gegen sich selbst eingesetzt Dieses Prinzip konnte auch einen körperlich überlegenen Gegner effektiv abwehren. Die bekanntesten Systeme waren Tai-Chi, Hsing-I, Pa-Kua oder heute noch wirkungsvoller Wing Chun, das für den Straßenkampf praktiziert wird. Alle diese Kung-Fu-Stile bildeten Yawara, eine alte Form der unbewaffneten Selbstverteidigung in Japan.

Kampfkunst als Fitnessübung

Mit dem Übergang der Samurai von der Kriegerkaste in die japanische Mittelschicht und der allgemeinen Verbreitung von Schusswaffen geriet Yawara bald in Vergessenheit. Nur wenige Familien praktizierten diese Kampfkunst, jedoch hauptsächlich als reine Fitnessübung. Erst Ende des 19. Jahrhunderts, vor allem dank des deutschen Professors Dr. Baelz, wurde Jiu-Jitsu, die allgemeine Bezeichnung der damals japanischen Selbstverteidigungsformen, in Japan wieder populär. Zusammen mit Professor Jigoro Kano, dem späteren Begründer des Judo, unterrichtete er Jiu-Jitsu an der Universität Tokio. Bald darauf wurde diese Form der Selbstverteidigung auch in das Ausbildungsprogramm der japanischen Polizeikräfte aufgenommen.

Ju Jutsu Kampfkunst

Beim Besuch der japanischen Flotte in Deutschland hatte auch der deutsche Kaiser Wilhelm II. die Gelegenheit, sich über Jiu-Jitsu zu informieren. Er war so beeindruckt, dass er den Japaner Agitaro Ono als Jiu-Jitsu-Ausbilder in die Militärkreise Berlins berief. Sein bester Schüler, Erich Rahn, wurde der erste Großmeister dieser neuen Sportart und machte sie in Deutschland populär. 1906 eröffnete er in Berlin die erste deutsche Jiu-Jitsu-Schule, in der so große Pioniere des Sports wie Alfred Rhode und Otto Schmelzeisen auftraten.

Da Jiu-Jitsu aufgrund der Griffgefahr nicht für sportliche Wettkämpfe geeignet war, trennten japanische Meister Teile ihrer Kunst und etablierten neue, hauptsächlich sportorientierte Kampfkünste. So wurden das moderne Judo, Karate und Aikido geboren. Durch den Siegeszug dieser neuen Kampfkunst verlor Jiu-Jitsu selbst schnell an Bedeutung. Entscheidend war auch, dass das europäische Jiu-Jitsu unter dem Einfluss westlicher Kampfkünste so verfälscht wurde, dass vom Grundprinzip „Ergebe dich dem Sieg“ nicht mehr viel übrig blieb.

Die Kampfausbildung Ju-Jutsu

Nach dem Zweiten Weltkrieg profitierte auch Jiu-Jitsu von der neuen Popularität der Kampfkünste, jedoch gab es aufgrund der unterschiedlichen Schulen und Verbände keinen einheitlichen roten Faden im erlernen dieser Kampfkunst. Erst Ende der 1960er Jahre, nicht ganz zufällig während der großen Studentenunruhen, erinnerte man sich an die Ursprünge der Selbstverteidigung. Das neue moderne Jiu-Jitsu wird aus Elementen des Judo, Karate und Aikido auf Papier und Matte gezeichnet. Daran waren Werner Heim, Franz-Josef Gresch, Richard Unterburger und Klaus Münstermann maßgeblich beteiligt. Am 28. und 29. Juni 1968 fand die erste Zonenprüfung für diese neue Sportart statt. Als Prüfer fungieren Anerkannte Meister der unterschiedlichsten Kampfsysteme, die den Grad „Meister“ erlangt haben.

Ju-Jutsu System

Gleichzeitig wurde die Schreibweise geändert und das neue System hieß Ju-Jutsu. Dies geschah nicht, um es über bestehende Jiu-Jitsu-Stile zu erheben, sondern um es als eigene Variante zu kennzeichnen, die über den Deutschen Judo-Bund (DJB) dem Deutschen Sportbund (DSB) angeschlossen ist. Die Schreibweise der japanischen Schriftzeichen und die Bedeutung des Wortes JU-JUTSU blieb jedoch unverändert.

Ju-Jutsu bei der Polizei

Jahre lang wurde Ju-Jutsu ausschließlich als Methode der Selbstverteidigung gelehrt und ständig ausgebaut und verbessert. Besonders positiv wirkten sich die Polizeibeamten aus, die nach wie vor in erheblichem Umfang Ju-Jutsu-Trainer und Vorstandsmitglieder in Bund und Ländern stellen. Techniken, die sich in der Anwendung als unwirksam erwiesen, wurden in regelmäßigen Abständen aus dem Programm genommen. Stattdessen wurden jedoch andere als wirksam befundene Techniken übernommen, bis das Trainingsprogramm in seiner jetzigen Form verfügbar war.

Polizei Ju-Jutsu

Auch die Anwendung einzelner Techniken wurde an die Anforderungen realitätsnaher Polizeiangriffe angepasst. Die heutigen Grundtechniken ähneln kaum noch den ursprünglichen Techniken des Judo, Aikido oder Karate, die anfangs eher zaghaft verwandt waren. Heute verschmelzen sie zu einer harmonischen Einheit, den Techniken des Ju-Jutsu. Dieses Selbstverteidigungssystem ist mittlerweile so effektiv, dass es obligatorischer Bestandteil der Ausbildung aller deutschen Polizeikräfte und Spezialeinheiten wie der GSG 9 ist.

In den Jahren 1970-1983, während der Amtszeit des ersten Trainers der Mannschaft, Peter Nehls, erhielt das Selbstverteidigung Ju-Jutsu seinen letzten Schliff und entwickelte sich zu seiner heutigen Form. Es war Nehls Nachfolger Josef Art, der die Einführung eines eigenständigen Ju-Jutsu-Wettbewerbs nach dem von Dieter Rast entwickelten „Allkampf der Berliner Polizei“ vorangetrieben hat. Gegen den Widerstand des DJB Judo-Lagers, das diesen optisch ansprechenden und vielseitigen Kampfsport-Wettkampf fürchtete, vermittelte Bundestrainer Art in Kursen Ju-Jutsu-Wettkampftechniken und entwickelte sogar eine eigene Schutzausrüstung, die besonderen Anforderungen gerecht wird. Ju-Jutsu wurde optimal angepasst. Dem wachsenden Druck der Ju-Jutsu-Sektion musste der DJB schließlich nachgeben.

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