Der Schwarzgurt in Karate – Ziel oder Anfang: Für viele Kampfsportler ist es das Fernziel, irgendwann Danträger zu werden und dann den Gi mit einem schwarzen Gürtel zu binden. Als „unbesiegbar,“ „allwissend,“ manchmal sogar als „weise“ werden die Schwarzgurtträger oft in Filmen dargestellt. Was bedeutet es. einen Schwarzgurt zu tragen, welche Qualifikationen sind dafür die Voraussetzung? Ist der Schwarzgurt das Ende der kampfkünstlerischen Entwicklung? Oder vielleicht erst der Anfang eines Weges, der das ganze Leben lang weitergeht? Diese Fragen sollen hier geklärt werden.
Verschmutzte Schärpen
Der Legende nach trugen die Kampfkünstler im alten China und später auf Okinawa Schärpen, die durch das viele Karate Training verschmutzt und mit den Jahren immer dunkler wurden. Gewaschen wurden die Schärpen nicht, da sie die Reife und Erfahrung ihres Trägers zeigen sollten. Sie zu waschen, würde bedeuten, das Wissen und Können des Trägers abzuwaschen. Wie es heißt, kam so das Farbsystem Weiß – Braun -Schwarz zustande.

Die Farbe Weiß steht gleichzeitig für die Reinheit, das Unbefleckte. Der Weißgurt hat weder Vorurteile noch Erfahrungen in den Kampfkünsten. Er ist spontan und denkt nicht, wenn er kämpft. Das Gegenteil stellt der Schwarzgurt dar, der weiß, was er tut. Mit zunehmender Reife wird er jedoch wieder spontan, so wie sein schwarzer Gürtel sich abnutzt und wieder weiß wird. Früher, als es noch kein derartiges Rangsystem gab, kauften die Schüler ihrem Meister irgendwann eine neue, weiße Schärpe – das Zeichen der Meisterschaft.
Das Karate Graduierungssystem
Das Graduierungssystem, wie es heute in Karate üblich ist, wurde Ende des 19. Jahrhunderts von Judo-Begründer Jigoro Kano eigeführt. Gichin Funakoshi, der als der Vater des modernen Karate gilt und Karate von Okinawa nach Japan gebracht hatte, übernahm dieses System zu Beginn der zwanziger Jahre unseres Jahrhunderts. Der erste Danträger unter Funakoshi war Makoto (Shinen) Gima, der bereits auf Okinawa unter Funakoshi trainiert hatte.
Nach Angaben von Tsutomu Ohshima, einem der letzten Schüler Funakoshis, gab es zu Anfang nur drei Dangrade. Dies sei dann auf fünf erweitert worden, wobei man erst in den fünfziger Jahren ein Prüfungsprogramm für die höheren Dangrade erarbeitet habe. Weitere Dangrade wurden später von der Japan-Karate-Association unter der Führung von Masatoshi Nakayama (9. Dan) eingeführt.

In Ohshimas Karate Verband ist der Shodan (1. Dan) als Anfang des Weges zu verstehen. Bei der Prüfung, die sich immer einem mehrtägigen Spezialtraining anschließt, werden vor allem einzelne Grundtechniken abgeprüft. Neben einer Lieblingskata, die der Prüfling aus den fünf Heian-Formen auswählen kann, wird die Kata Bassai gefordert. Als Kampfübung wird kein Freikampf, sondern Drei-Schritt- und Ein-Schritt-Kampf gefordert. „Den Gegner sehen, ihm gegenüberstehen, das bedeutet, Shodan zu sein,“ sagte Ohshima bei einem internationalen Meeting in Santa Barbara. Das Mindestalter für Shodan beträgt 16 Jahre.
Menschliche und kämpferische Entwicklung
Ein guter Karate Kämpfer zu sein und 500 Kämpfe hinter sich gebracht zu haben, das zeichne einen Nidan (2. Dan) aus. Bei der Prüfung werden die Grundtechniken in fließenden Kombinationen gefordert. Auch komme es auf den Kampfgeist an, so Ohshima.
Die menschliche Entwicklung geht in Ohshimas Lehrsystem mit der kämpferischen Entwicklung einher. So soll der Sandan (3. Dan) dazu in der Lage sein, jederzeit eine Situation ruhig zu meistern. Selbstlosigkeit und Bescheidenheit sind die Züge, die einen Yodan (4. Dan) auszeichnen. Der Fünfte Dan ist in diesem System eine Ausnahmeerscheinung, weltweit hat Ohshima diesen Grad in seiner 40jährigen Lehrtätigkeit noch keine 30 Mal verliehen.
Karate anders als Taekwondo
Anders sieht es im Taekwondo aus. Die International Taekwon-Do Federation kennt neun Dangrade, wobei der neunte Dan dem Präsidenten des Verbandes Vorbehalten bleibt. Dieses Amt hat seit der Verbandsgründung der General a.D. Choi Hong Hi inne. In seinem Buch „Taekwon-Do“ bezeichnet er es als eines der größten Missverständnisse in den Kampfkünsten, dass alle Schwarzgurtträger als Experten angesehen werden. Viel zu oft würden sich junge Danträger als Experten darstellen und so zu Missverständnissen beitragen. „Ein Inhaber des 1. Dan hat gewöhnlich genug technisches Können, um sich gegen einen einzelnen Angreifer hinreichend verteidigen zu können,“ schreibt Choi. Man könne ihn mit einem Vogeljungen vergleichen, das genügend Federn hat, um das Nest zu verlassen. Nun, da der Taekwondoin das Alphabet beherrsche, könne er mit dem Lesen beginnen. Choi sieht den Schwarzgurt also auch als Anfang, und nicht als Ende einer Entwicklung.

Um im Taekwon-Do Schwatzgurt zu werde- verlangt die ITF neun Formen (Tul), außerdem, Drei-, Zwei- und Ein-Schritt-Sparring, Selbstverteidigung, Freikampf, Bruchtest und Theorie. Das Mindestalter für den 1. Dan beträgt bei der ITF-Deutschland 14 Jahre, für den 5. Dan 25 Jahre.
Die World Taekwondo Federation hat bisiang ebenfalls neun Formen gefordert, doch inzwischen wurde dies auf acht herabgesetzt. Ausserdem wird Selbstverteidigung und Sparring sowie Brachtest verlangt. 15 Jahre ist das Mindestalter,um in der WTF Danträger zu werden. In der Regel dauert es zwischen drei und fünf Jahre bis ein Schüler die Schwele zwischen Farb- und Schwarzgurt überschreitet.
Es braucht Zeit zum Lernen
Zwischen den weiteren Dan-graden liegen in der Regel soviel Jahre, wie Dangrade angestrebt werden. Auf den zweiten Dan wartet man also zwei, auf den dritten Dan drei Jahre… So wird wohl auch deutlich, was man von 30jährigen mit dem 8. Dan oder von Großmeistern mit gerade mal zehnjähriger Praxis zu halten hat. Es sollte auch für hochgraduierte Danträger selbstverständlich sein, dass sie ihr Programm kennen und jederzeit demonstrieren können.
In vielen Stilrichtungen wird auch Tuniererfährung gefordert, einfach, um den Kandidaten dazu zu zwingen, sich auch dem Vergleich mit anderen zu stellen. Diese Regelung ist im Judo schon seit vielen Jahren üblich.

In der westlichen Welt werden Danträger in der Regel als Trainer, Lehrer oder als Meister angesehen. Viele kleinere Dojos werden sogar von Braungurten geleitet, so dass nahezu jeder Danträger unterrichtet. Diese Tatsache legt nahe, Danträger auch auf ihre pädagogischen Fähigkeiten zu prüfen. Viele Verbände fordern aus diesem Grund Trainer- oder Übungsleiterlizenzen, bevor ein Kandidat zur Danprüfung zugelassen wird. Andere Verbände verlangen von dem Kandidat Unterrichtserfahrung. Dafür muß er eine bestimmte Zeit eine eigene Gruppe unterrichtete haben, oder aber eine Lehrprobe abhalten.
Aufgaben eines Schwarzgurt-Trägers
Neben der Lehrtätigkeit im Karate kommen auf einen Schwarzgurtträger aber noch andere Aufgaben zu, so zum Beispiel die Kampfrichtertätigkeit. Als Schüler sollte der Kandidat im eigenen Dojo schon erste Erfahrungen als Kampfrichter gesammelt haben. Vor der Danprüfung steht dann in der Regel noch ein Kampfrichterlehrgang an. Da es gerade bei der Beurteilung von Formen wichtig ist, auch Formen anderer Stilrichtungen bewerten zu können, sollte der Kandidat sich auch damit auskennen.
Es macht einen schlechten Eindruck, wenn ein Danträger bei irgend etwas sagt: „Weiß ich nicht, das gehört nicht zu unserem System.“ Aus diesem Grund sollte ein Schwatzgurt nach Ansicht des Autors, aber auch vieler anderer hochgraduierter Kampfkünstler in Deutschland, sich in allen Bereichen der Kampfkunst auskennen: Treten, Schlagen, Hebeln, Werfen, Formen, Waffen, und Freikampf. Darüber hinaus sollte er ein gewisses theoretisches Wissen besitzen, schon allein deshalb, weil er die Kampfkünste in der Öffentlichkeit repräsentiert.
Manche Verbände verlangen von den Kandidaten neben einer klassischen Erste-Hilfe-Ausbildung auch Kenntnisse in asiatischer Heilkunst. Hier wird der Zusammenhang zwischen Kampf und Heilkunst deutlich, denn er verletzen kann, muss auch heilen können. Die alten Meister der Kampfkünste waren alle auch als Heiler bekannt. Da es hierfür aber einer sehr großen Erfahrung und langer Ausbildung bedarf, erreichen dieses Ziel nur wenige. Daher werden medizinische Aspekte, die in die Tiefe gehen, nur selten und bei hohen Prüfungen verlangt.
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