Verfolgte man Eizo Shimabukus Weg in der zeitgemäßen, kampfbetonten Karate-Kampfkunst Okinawas, gewann man wohl den Eindruck, einen perfekten, maschinengleichen Fighter vor sich zu haben. Die persönliche Begegnung Eizo Shimabuku zeigte aber vielen einen freundlichen, weltoffenen Mann von großer Erfahrung und Vernunft.
Erzählungen seiner Bewunderer und Berichten einschlägiger Kampfsport-Artikel zufolge war er ein kompromissloser Kämpfer. Doch dieses oberflächliche Bild des Eizo Shimabuku (voll ausgeschriebener Name = Shimabukuru, im japanischen aber oft gekürzt angewandt) wurde dem freundlichen, humorvollen Mann beileibe nicht gerecht. Sicher, Shimabuku war Schüler der harten Kämpfer Miyagi und Motobu, doch auch geniale Schlag-, Kick- und Grifftechniken, Disziplin und Konzentration zeichnen den Träger des 10. Dan, und damit höchsten Karate-Dan aus. Äußerungen moderner Karate-Fighter wie Bruce Lee, die Karate-Kata sei lediglich ein lebloser Schattentanz, weist Shimabuku entschieden zurück.

So wichtig der Kampf auch sein mag, ohne die Disziplin- und Geistesschulung des eisernen Kata-Trainings ist die wahre Karate-Kampfkunst nicht lebensfähig. Und Shimabuku wusste, wovon er sprach: Seit 1948 schon unterrichtet er Karate und Selbstverteidigung. Zu Anfang der 50er Jahre trainierte er das auf Okinawa stationierte US-Marine-Korps, besaß unter anderen Dojos in Okinawa und Tokio. Einer seiner berühmtesten Schüler war der amerikanische Schwergewichts-Kickboxer- und Karate-Weitmeister Joe Louis, den er von 1961-1963 unterrichtete und der bei ihm die Schwarzgürtel-Prüfung ablegte. Bedingt durch Shimabukus häufige Besuche, existiert heute in den USA ein großer Shorin-Ryu-Verband.
Shorin Ryu Karate
Eizo Shimabuku selbst begann 1936 damit, Karate zu studieren. Sein erster Meister war Chojan Miyagi, ein ehemaliger Schüler des berühmten Kobudo-Großmeisters Shinken Taira und Begründer des Kung-Fu-verwandten Goju-Ryu-Stils. „Miyagi war ein wahres Kraftpaket, er besaß Finger wie Stahl“, so erzählte Shimabuku damals voller Bewunderung. Nahezu gleichzeitig begab sich Shimabuku in die Obhut des legendären Choki Motobu, dessen unvergleichbar harten Hand- und Faustschläge gefürchtet waren. Zeit seines Lebens war er bemüht, seine Schlagtechnik immerfort zu verbessern.

Eine zwar wenig rühmliche, dafür aber weithin bekannte (wahre) Begebenheit aus Motobus Leben geht auf das Jahr 1922 zurück: Motobu, damals bereits über 50jährig, bezwang in einem Schaukampf einen renommierten Schwergewichtsboxer, der wenig später, offenbar an den Nachwirkungen dieses Kampfes, verstarb. Doch Shimabukus Lernfähigkeit war noch lange nicht erschöpft. Noch zur selben Zeit nahm er Unterricht bei Großmeister Kyan Chotoku, dem Gründer des Shorin-Ryu-Stils. Kyan Chotoku war ein schmächtiger Brillenträger, der oft unterschätzt wurde, doch durch seine geniale Sprung-und Kicktechnik war er beispielsweise in der Lage, seine Fußtritte an der Zimmerdecke zu platzieren. Zwar trainierte Shimabuku später noch bei Chosin Chibana, der den Stil des Kobayashi-Ryu vertritt und für seine großartige Grifftechnik bekannt ist, sowie bei Shinken Taira, dem „Vater des modernen Kobudo“, blieb jedoch letztlich dem Shorin-Ryu-Stil Kyan Chotokus treu.
Umfassendes Wissen
Sein umfassendes Wissen hat Eizo Shimabuku auch an seine 4 Söhne, allesamt Träger des schwarzen Karategürtels, weitervermittelt. Sein Sohn Eiko (43, 7. Dan) ist nun Eizo Shimabukus Nachfolger und leitet auch bereits dessen Karateschulen in Okinawa.

Die Verdienste Eizo Shimabukus für das moderne, kampfbetonte Karate Okinawas durch die Weiterentwicklung und Verbreitung seines Shorin-Ryu-Stils sind ungeahnt groß; der Einfluss der speziellen Kampfkunst Okinawas, und damit auch der Einfluss Shimabukus auf die Entwicklung des gesamten Karatesports sollte daher nicht unterschätzt werden.
Dennoch erscheint die persönliche Begegnung mit Eizo Shimabuku vielmehr ein Zusammentreffen mit einem netten, humorvollen Bekannten, denn ein Besuch eines, fast schon zur lebenden Legende gewordenen, Großmeisters des Karate zu sein.
Eizo Shimabuku beherrscht und lehrt Karate nicht nur, nein, er versteht und lebt Karate.
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