Miyahira Katsuya (10. Dan Hanshi) galt als einer der renommiertesten Karate-Großmeister auf Okinawa. Ein Meister, der im Karate aber nicht nur eine Kampfkunst sah, sondern einen Lebensweg. Ein Weg, dem man mit dem Herzen folgt.
Miyahira Katsuya konnte im Bereich der Budo-Künste auf eine Erfahrung von mehr als 60 Jahren zurückblicken, weshalb es kaum verwunderlich ist, dass er auf Okinawa zu den renommiertesten Meister zählte. Doch auch für Miyahira Katsuya begann seine „Reise durch die Welt der Kampfkünste“ mit dem ersten Schritt. Diesen ersten Schritt machte der Karate-Großmeister unter der Anleitung seines Vaters und Meisters Tokuda Anbun.
Außergewöhnliche Karate Lehrer
Im Alter von 13 Jahren wurde er dann von Chibana Choshin unterrichtet, dem ersten offiziellen Träger des 10. Dan Hanshi auf Okinawa. Chibana Choshin war wiederum ein direkter Schüler von Meister Anko Itosu, ein Mann, der wie kein anderer das Shorin-Ryu Karate geprägt hat. Außerdem ist Meister Itosu u.a. die Einführung des Karate-Do an den Schulen auf Okinawa zu verdanken.

Unter Großmeister Chibana Choshin entstand auch der Begriff „Kobayashi“, mit dem deutlich gemacht werden soll, dass der authentische Stil von Meister Itosu weitergeführt wird.
Die besondere Bedeutung des Miyahira
Der am 16. August 1918 in Nishihara geborene Miyahira Katsuya erwies sich schon sehr früh als ein besonders eifriger Schüler. Und so war es nur logisch, dass er neben seiner Ausbildung bei Großmeister Choshin auch ein Schüler von Meister Motobu Choki wurde, der zu jener Zeit als ein überragender Kämpfer bekannt war. Bei ihm lernte der junge Katsuya die Kampftechniken des Kumite. Der im Straßenkampferfahrene Motobu Choki legte dabei besonderen Wert auf Hand- und Fausttechniken. Tritte verstand er hauptsächlich als eine Technik, die auf das gegnerische Knie abzielte.
Mit dieser damals durchlaufenen Ausbildung ist wohl auch die herausragende Stellung zu begründen, die Meister Miyahira Katsuya den Übungen am Makiwara beimißt. Dazu die Meinung des Karate-Großmeisters: „Ohne Makiwara gibt es kein okinawanisches Karate.“
Schlag auf schlag
Die besonderen Fähigkeiten von Miyahira Katsuya sprachen sich schnell herum, und so ging es für den Karate-Meister Schlag auf Schlag weiter: 1947 eröffnete Miyahira Katsuya als Shihan No Menjo sein erstes Karate-Dojo in Nishihara. 1953 folgte die Eröffnung eines weiteren Dojos in Aza Korai/Okinawa-Shi. Gleichzeitig übernahm er eine Lehrtätigkeit als Karate-Lehrer an der Ryukyu-Universität.

1956 eröffnete er schließlich sein drittes Dojo in Naha-Shi. Zwei Jahre später erfolgte dann seine Ernennung zum Kyoshi durch die älteste japanische Karate-Organisation Dai Nippon Butokukai.
Nachdem er im Jahre 1967 den Titel eines Hanshi sowie den 9. Dan von Großmeister Chibana Choshin erhalten hatte, übernahm Meister Miyahira Katsuya nach dessen Tod die Leitung der Okinawa Shorin-Ryu Karate-Do Kyokai, deren Präsident er noch Jahre war.
Die Kunst des Shorin-Ryu
Im Laufe der Jahre entwickelte Meister Miyahira Katsuya eine ganz besondere Form der Kata, deren perfekte Ausführung für ihn aus der Kombination der vier wichtigsten Elemente bestand: Ausweichbewegung, Block-Techniken, Tritt-Techniken und Faustschlägen. Wie diese Kata in Vollendung aussieht, dies hat einer der besten Schüler von Miyahira Katsuya bei der BUDOGALA 97 demonstriert. Der Name dieses Mannes – Kenyu Chinen (8. Dan Shorin-Ryu Kobayashi). Der 47jährige Meister aus Okinawa ist aber nicht nur ein außergewöhnlicher Karateka, sondern gleichzeitig auch perfekt im Umgang mit den Kobudo-Waffen. Von daher war auch seine Live-Demo eines der Hightlights.
Mythos Okinawa
Die Geschichte der Kampfkunst ist bekanntlich mit einigen mythischen Orten verbunden, so wie z.B. der berühmte Shaolin-Tempel. Und eines ist sicher: Okinawa gehört auch zu jenen mythischen Orten. Die Insel Okinawa liegt zwischen China und Japan und ist ca. 120 km lang und 30 km breit. Okinawa galt bereits vor seiner Angliederung an Japan in den 20er Jahren als die Wiege des Karate.

Auf diesem Archipel praktiziert man noch immer die alten Formen dieser Kunst, so wie es die Meister Itosu, Funakoshi, Mabuni, Miyagi, die Väter des modernen Karate, gelehrt haben.
Der Champion von Okinawa
Einer der großen Uechi-Ryu-Meister ist Kiyohide Shinjo, der seit seinem 10. Lebensjahr das Karate (was über 35 Jahre Training bedeutet – und das natürlich täglich!) praktiziert. Dieser 1,90 Meter Koloß wurde bereits im Jahre 1973 berühmt, als er das erste Kumite-Turnier von Okinawa gewann (All Okinawa Karate Do Wettkampf). Wenn man bedenkt, daß die Insel mehr als 200 Dojos zählt, und daß die Kinder-und Jugendlichen dort Karate trainieren wie hier Fußball – also schon in der Schule und im jüngsten Alter – dann versteht man, dass es sich hierbei um eine außerordentliche Leistung handelt. Vor allem, wenn in dem Wettbewerb K.O.’s, Schläge auf den Körper und Low-Kicks erlaubt sind.
Spezielles Karate Ausweichtraining
Kiyohide Shinjo hat die Nachfolge seines Vaters angetreten, der auch gleichzeitig sein Lehrer war. Wie fast alle Karate-Lehrer auf Okinawa, so kann auch Kiyohide Shinjo nicht allein vom Karate-Unterricht leben. Von daher arbeitet er so „nebenbei“ als Ingenieur. Das Training im Dojo von Kadena begann mit dem Kinderkurs: Dazu gehörte das Kata-Training, schließlich der Kampf mit Schutz-Maske und Weste. Schon die kleinen waren mit ganzem Herzen dabei und die Erwachsenen können die gesamte Basis des Uechi-Ryu: Die Arbeit mit der Sanchin-Kata mit offenen Händen, mit Schlägen auf die Körperpatien um die Muskelanspannung des Ausführenden zu kontrollieren. Auch das Makiwara-Training spielte in dieser Schule eine entscheidende Rolle.

Meister Shinjo benutzte einen Boxhandschuh, der auf der Spitze eines Stockes befestigt ist, um die Ausweichfähigkeit seiner Schüler zu testen. Unter ihnen befanden sich mehrere G.l.’s, die auf der amerikanischen Militär-Basis in der Nähe stationiert waren.Die Spezialität von Meister Shinjo war das Zertrümmern eines Baseball-Schlägers mit dem Unterarm.
Der Schläger wurde dabei von nur einer Person mit beiden Händen festgehalten! Und natürlich gab es dabei keine Tricks. Auch eindrucksvoll, war das Zertrümmern von Holzbrettern mit einem Tsumatsuki-Geri mit den Zehenspitzen. Beim „Out-Door“-Training dann noch Low-Kick-Bruchtests. Hierbei zertrümmerte er gleichzeitig drei Baseball-Schläger mit dem rechten Schienbein.
Die Rückkehr zu den Karate Wurzeln
Über diese spektakulären Aspekt hinaus, führten diese Demonstrationen auch zurück zu den alten Wurzeln des Karate, so wie es im 19. Jahrhundert praktiziert wurde. Man sagt, dass Meister Itosu eines Tages von einem jungen Kämpfer angegriffen wurde. Der Kampf dauerte nur einige Sekunden, denn auf einen Angriff mit der Faust reagierte Itosu mit einem Block, durch den der Arm seines Gegners brach. Und damit war der Kampf auch schon zu Ende!

Ein weiteres Beispiel: Ein Duell, bei dem sich Meister Ankichi Arakai (1899-1927) einem Sumo-Ringer in einer Jugendherberge gegenüber sah. Provoziert durch den Sumo, schloss Arakaki die Runde ab, als er die Geduld verlor und den Gegner durch einen Tsumatsuki-Geri auf den Körper K.O. gehen ließ. Der Mann starb sechs Monate später.
Man hörte viele alte Geschichten und Legenden. Aber erst auf Okinawa begreift man den Sinn des alten Karate: Karate war dort seit jeher eine harte Form der Selbstverteidigung. Das Karate wurde auf Okinawa immer so kompromißlos ausgeführt, um damit im Fall der Fälle durch einen einzigen Schlag seinen Gegner außer Gefecht, u.U. sogar töten zu können.
Die Arbeit mit dem Makiwara, die Muskelbildung und die Abhärtung des Körpers (Unterarme, Schienbein, Finger- und Fußspitzen) waren die essentiellen Aspekte des Trainings. So besitzt in Okinawa fast jeder Karateka ein solches Makiwara bei sich zu Hause und trainiert zusätzlich zu den Stunden im Dojo daran. Die Abhärtungsarbeit der Unterarme, oder Kote-Kitai, sind Teil eines jeden Kursus auf Okinawa.
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